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Grenzzurückweisungen: Merz drängt Scholz zu Machtwort

Grenzzurückweisungen: Merz drängt Scholz zu Machtwort

upday.de |

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, in der umstrittenen Frage der Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze notfalls ein Machtwort in der Ampel zu sprechen. Mit Blick auf das für den kommenden Dienstag anvisierte neue Migrationsgespräch sagte Merz in Neuhardenberg: «Wenn der Bundeskanzler einen Konsens in seiner Regierung erzielt bis dahin, ist das gut. Wenn er ihn nicht erzielt, kann er von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und sagen: Das machen wir jetzt so.»

«Er hat uns dabei an seiner Seite. Wir werden das unterstützen», ergänzte der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag bei der Klausur des geschäftsführenden Vorstands der Fraktion.

Merz bekräftigt Ultimatum bei Zurückweisungen

Scholz müsse vor dem geplanten neuen Migrationsgespräch von Bundesregierung, Opposition und Ländern klarstellen, was er wolle, sagte Merz. «Und dazu gehört aus unserer Sicht unverzichtbar die Entscheidung der Bundesregierung, Zurückweisungen an den Grenzen sofort vorzunehmen – und zwar umfassend, nicht irgendwie und ein bisschen.» Niemand solle Höflichkeit in seinen Formulierungen in den vergangenen Tagen als ein Aufweichen der Unions-Position missinterpretieren.

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CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, es seien nicht alle drei Ampel-Parteien, die hier keine Bereitschaft zeigten. «Es scheitert offensichtlich an einer Partei, an den Grünen.» Dobrindt forderte Scholz auf, diesen Koalitionspartner «unter Kontrolle zu bringen».

Union weist auf Erfolg der Grenzkontrollen bei EM hin

Der CDU-Vorsitzende rechnete vor, dass bei den 43 Tage dauernden Grenzkontrollen während der Fußball-Europameisterschaft fast 10.000 Fälle von unerlaubter Einreise nach Deutschland festgestellt worden seien. Fast 1200 offene Haftbefehle seien vollstreckt worden. «Wenn es noch einen Beweis gebraucht hätte, dass Grenzkontrollen eine Wirkung haben, dann ist dieser Beweis in den 43 Tagen der Europameisterschaft erbracht worden.»

Hintergrund: Verschärfte Grenzkontrollen: Während der EM rund 150 Schleuser festgenommen

Merz betonte, er wolle im kommenden Jahr keinen Wahlkampf um die Migration führen müssen. «Aber wenn uns die Koalition keine andere Wahl lässt, dann werden wir ihn führen.» In der kommenden Woche gebe es noch mal die Chance, das Problem gemeinsam zu lösen. «Ich möchte es lösen. Aber ich werde keiner Kompromisslösung zustimmen, von der man befürchten muss, dass das Problem sich fortsetzt», sagte Merz. «Es ist uns sehr ernst, weil das Problem ernst ist.»

Ampel-Koalition streitet über Zurückweisungen

Die Unionsforderung nach Zurückweisungen von Migranten an den deutschen Grenzen sorgt unterdessen für Zwist unter den Ampel-Parteien. Der Grünen-Politiker Erik Marquardt forderte in der Debatte mehr Präsenz von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). «Er muss aufpassen, dass er nicht den Eindruck erweckt, im Sekretariat von Friedrich Merz zu sitzen. Ich würde mir da Führung wünschen», sagte der Europaabgeordnete den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai warf dagegen den Grünen eine «Verweigerungshaltung» in der Migrationspolitik vor.

Marquardt sagte, Polen mache an der belarussischen Grenze genau das, was Merz an der deutsch-polnischen Grenze wolle. «Es führt nur nicht dazu, dass weniger Menschen kommen.» Man müsse Migrationspolitik viel stärker europäisch diskutieren. Die Grünen-Parteivorsitzende Ricarda Lang sagte «Politico», das «unseriöse Verhalten» von Merz zeige, dass es ihm nicht um ernsthafte Lösungen gehe.

Hintergrund: Ampel prüft Grenz-Zurückweisung von Flüchtlingen

Ähnlich äußerte sich die Grünen-Politikerin Luise Amtsberg. «Rechtswidrige Forderungen sind kein konstruktiver Beitrag zur Debatte», sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung der «Süddeutschen Zeitung».

Die Grüne Jugend verlangte derweil einen Abbruch der Gespräche mit der Union: «Nach den bisher bekannten Äußerungen gibt es aus unserer Sicht keinen Grund, diese Gespräche weiterzuführen», sagte die Co-Sprecherin der Jugendorganisation, Katharina Stolla, dem Nachrichtenportal ZDFheute.de. Es sei von Anfang an absehbar gewesen, dass die Union die Ampel nur noch weiter nach rechts treiben wolle.

Lindner: Besorgt über Äußerungen der Grünen

FDP-Generalsekretär Djir-Sarai kritisierte die Grünen scharf: «Die Grünen sollten sich selbst fragen, ob sie noch fähig dazu sind, den zentralen Herausforderungen des Landes als Regierungspartei entgegenzutreten», sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung».

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Parteichef Christian Lindner zeigte sich besorgt über die Haltung des Koalitionspartners. «Ich bedauere, dass sich die Grünen jetzt schon öffentlich, obwohl es laufende Gespräche gibt, gegen die Zurückweisung an den deutschen Grenzen ausgesprochen haben. Das ist nicht hilfreich für die Gespräche, die die Regierung mit Ländern und der CDU-Opposition führt», sagte er der ARD.

Umfrage: Mehrheit will andere Asylpolitik

Für eine Begrenzung der Migration nach Deutschland halten einer Umfrage zufolge drei von vier Befragten (77 Prozent) eine grundsätzlich andere Asyl- und Flüchtlingspolitik für notwendig. 18 Prozent finden nach dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend eine solche Wende unnötig.

Die größte Zustimmung für gravierende Änderungen in der Flüchtlingspolitik gibt es unter Anhängern der AfD (97 Prozent), des BSW (91 Prozent) und von CDU/CSU (86 Prozent). Aber auch unter SPD-Anhängern spricht sich laut der repräsentativen Umfrage von infratest dimap eine klare Mehrheit von 65 Prozent für deutliche Änderungen in der Asyl- und Flüchtlingspolitik aus. Die Anhängerschaft der Grünen ist in dieser Frage gespalten: 48 Prozent stimmten zu, 46 Prozent nicht.

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Die Umfrage ergab zudem, dass die Themen Zuwanderung und Flucht in der Problemwahrnehmung der Deutschen weiter gestiegen sind. So nennt etwa jeder Zweite (48 Prozent) diesen Komplex als eines der beiden wichtigsten politischen Probleme, um die sich die Politik kümmern muss. Das sind 22 Prozentpunkte mehr als noch im April. Dahinter folgt das Thema Wirtschaft (20 Prozent nach 19 im April).

Nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Messeranschlag mit drei Toten in Solingen Ende August befürworten 73 Prozent die Einführung dauerhafter Kontrollen an deutschen Grenzen. Fast ebenso viele (72 Prozent) sind dafür, die Sicherheitsbehörden mit mehr Befugnissen auszustatten. Ein noch größerer Anteil (82 Prozent) hält einen Ausbau von Prävention und Aufklärung über radikalen Islamismus, etwa an Schulen und Flüchtlingseinrichtungen für nützlich.

Für die Erhebung wurden von Dienstag bis Mittwoch dieser Woche 1309 Wahlberechtigte ab 18 Jahren befragt. dpa/kzy

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