Menü Schließen

Wann du deinen Job schon in der Probezeit kündigen solltest

Wann du deinen Job schon in der Probezeit kündigen solltest

upday.de |

Häufig wollen Beschäftigte die Probezeit schlicht überstehen. Sie möchten sich nicht mehr ständig beobachtet fühlen, sondern in ein sicheres Arbeitsverhältnis übergehen. Aus dem Blick gerät dabei manchmal: Auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bietet die Probezeit die Möglichkeit, den Arbeitgeber zu prüfen.

Die Liste möglicher Warnsignale ist lang. Von schlechter oder fehlender Einarbeitung über unrealistische Erwartungen wie ständige Erreichbarkeit bis hin zu mangelnder Wertschätzung. Bei welchen Red Flags sollte man das Arbeitsverhältnis aber auf den Prüfstand stellen?

1. Alarm? Der Chef ist unzuverlässig

Gab es schon im Vorstellungsgespräch Punkte, bei denen Chef oder Chefin komisch reagiert haben, solltest du diese auf jeden Fall in der Probezeit überprüfen, sagt Tim Verhoeven, Arbeitsmarktexperte bei Indeed.

Hintergrund: Lücken im Lebenslauf? Wie du bei der Bewerbung einen guten Eindruck machst

Als Beispiel nennt Verhoeven den im Bewerbungsgespräch zu spät erscheinenden Chef. Als Pünktlichkeit liebender Mensch nimmt man ein solches Verhalten vielleicht als nicht wertschätzend wahr. Setzt sich das im Arbeitsalltag etwa in Meetings fort, lässt sich ein Muster erkennen. Wem das zu viel wird, sollte rechtzeitig die Reißleine ziehen.

2. Gutes Recht? Arbeitgeber stellt sich beim Urlaub quer

Anspruch auf den vollen Jahresurlaub hat man erst nach sechs Monaten, erklärt Ingo Kleinhenz, Rechtsberater bei der Arbeitnehmerkammer Bremen. Anteilig dürfe man zwar in der Probezeit Urlaub nehmen, nur vielleicht nicht gerade im ersten Monat.

Stellt sich der Arbeitgeber grundsätzlich quer und kann dafür keinen betriebsbedingten Grund wie etwa saisonale Besonderheiten angeben, sollten die Alarmglocken schrillen. «Am besten solche Fragen schon im Bewerbungsgespräch klären und nicht mit dem Urlaubsantrag bis zum letzten Tag der Probezeit warten», rät Verhoeven.

3. Vertrauen weg? Vertragsdetails sollen mündlich gelten

Wie beim Urlaub sollten auch alle anderen vertraglichen Details vor Beginn des Arbeitsverhältnisses geklärt sein, so Verhoeven und rät von mündlichen Nebenabsprachen ab. «Legt der Arbeitgeber sogar Wert darauf, dass bestimmte Dinge nicht verschriftlicht werden, ist das ein deutliches Warnsignal

Werden Punkte, die im Vertrag stehen oder versprochen wurden, nicht eingehalten, ist das für ihn der wichtigste Kündigungsgrund. Das Vertrauen sei dann weg. «Müsste ich sogar juristisch gegen den Arbeitgeber vorgehen, wäre die Grenze endgültig überschritten.»

4. Es läuft nicht rund? Absprachen kosten unnötig Nerven

Läuft es bei der Urlaubsplanung nicht rund oder gestalten sich Absprachen schwierig, sprich das nach Möglichkeit an, um den Zustand zu ändern. Das sei aber noch kein Grund, das Unternehmen zu verlassen, meint Kleinhenz.

Bekommst du jedoch von Kollegen mit, dass zum Beispiel Urlaubsanträge immer sehr spät oder gar nicht genehmigt werden, solltest du hellhörig werden.

5. Schlechte Stimmung? Das Team ist unzufrieden

Kleinhenz rät, sich während der Probezeit auf jeden Fall umzuhören und die Stimmung im Team zu eruieren. Wird hier gar gemobbt und gegeneinander gearbeitet? Finde heraus, womit das Team nicht zufrieden ist und warum, damit du abgleichen kannst, wie wichtig dir selbst diese Punkte sind.

Hinterfrage die Beschwerden der anderen, empfiehlt Verhoeven. «Manchmal hilft hier der neutrale Blick von außen.» Gibt es triftige Gründe für die Unzufriedenheit, sprich diese an. Wirst du selbst gemobbt, ist das die absolute Red Flag, so Kleinhenz.

Das liebe Geld? Das volle Gehalt gibt’s erst später

Es ist rechtlich erlaubt, das Gehalt erst nach der Probezeit auf einen bestimmten Betrag anzuheben. Der gesetzliche Mindestlohn muss natürlich stets eingehalten werden.

Hintergrund: Beförderung ohne Gehaltserhöhung? Warum sich das lohnen kann

Der Arbeitgeber könnte eine Gehaltsanpassung etwa damit rechtfertigen, dass neue Mitarbeitende in den ersten sechs Monaten eingearbeitet werden müssen und noch keine «vollwertige Arbeitskraft» sind. «Ein Unterschied von etwa zehn Prozent ist völlig legitim», sagt Verhoeven.

Abwägen: Was ist zu viel?

Grundsätzlich gilt: Wie viele Red Flags zu viele Warnzeichen sind, musst du selbst für dich entscheiden. Die eine Red Flag könne es nicht geben, dazu sei Arbeit und das eigene Verhältnis zur Arbeit zu individuell, sagt Verhoeven.

«Letztlich ist das immer ein Abwägungsprozess», so Kleinhenz. Viele Menschen sind auf ihre Arbeit und das Geld angewiesen, haben vielleicht monatelang nach einem Job gesucht und können es sich nicht leisten, diesen zu kündigen.

Hintergrund: Wechsel zur Konkurrenz? Wie du diskret eine neue Stelle findest

Alle anderen sollten die Warnsignale reflektieren: Stört mich das wirklich? Hat es mit meiner Arbeit zu tun? Ist das eine Momentaufnahme oder ist das immer so? Ist dir ein Thema wichtig und handelt es sich nicht nur um einen momentanen Zustand, sprich es an. Häufig sind gerade langjährigen Mitarbeitenden bestimmte Strukturen oder Defizite gar nicht bewusst. Wer von außen neu dazu stößt, kann hier wichtige Impulse liefern.

Idealerweise findet nach etwa 100 Tagen oder rund drei Monaten ein erstes Feedback-Gespräch statt und dann noch einmal vor Ende der Probezeit. Eine gute Gelegenheit, erste Kritik anzubringen. Mach dir bewusst: Es gibt keinen Grund, dich während der Probezeit loswerden zu wollen, da der Arbeitgeber ohnehin unkompliziert kündigen kann.

Hintergrund: Lohnt sich ein Jobwechsel, wenn ich älter als 55 Jahre bin?

Ändert sich auch nach einem klärenden Gespräch nichts, solltest du den Job kündigen, sofern es deine persönliche Situation erlaubt. dpa/nak

Hier weiter lesen…