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Zu streng? Warum Tierheime nicht an jeden vermitteln

Zu streng? Warum Tierheime nicht an jeden vermitteln

upday.de |

Zwischen Spielzeug und Decken kuscheln sich fünf Katzenbabys in einem Gehege an ihre Mama und trinken um die Wette. Die Katze wurde trächtig im Berliner Tierheim abgegeben. Mit ihrem Nachwuchs lebt sie in einem der vier Katzenhäuser des Heims. In dem nach eigenen Angaben größten Tierheim Europas sind mehr als 1.500 Schützlinge untergebracht, darunter Hunde, Kaninchen, Schildkröten und Vögel. Gegen eine Vermittlungsgebühr können die heimatlosen Tiere adoptiert werden.

Social Media-Nutzer kritisieren, dass Tierheime zu streng bei der Vermittlung seien

Auf Social Media gibt es immer wieder Kritik an der Tiervermittlung in Heimen: Ein TikTok-User beschwert sich in einem Video: «Wollt ihr die Tiere vermitteln oder wollt ihr eigentlich nur allen sagen, dass es total schwer ist mit einem Tier?» – der Mann hatte bei einem Tierheimbesuch in Berlin nach eigenen Angaben keine Katze mitnehmen dürfen.

In anderen Beiträgen heißt es, die Heime setzten eine große Wohnung, einen Garten und am besten Zeit und Geld für gleich zwei Tiere voraus. «Die Anforderungen sind echt krass», schreibt eine Nutzerin.

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Die Vorurteile, dass Heime ihre Tiere nicht vermitteln wollten, hätten viele – und sie seien auch nicht neu, sagt die Berliner Tierheimleiterin Mareen Esmeier. Die Vermittlungszahlen zeichneten ein anderes Bild: So bleibe eine gesunde Katze in der Regel nur zwei bis drei Wochen in dem Berliner Heim. Zum Saisonhöhepunkt im Sommer, wenn die Einrichtung etwa 600 Katzen beherberge, vermittele das Heim pro Woche mindestens 50 bis 80 Katzen, im Jahr seien es zwischen 2.000 und 3.000.

Warum gibt es also Unmut bei manchen abgelehnten Interessenten? Einige hätten unrealistische Vorstellungen über den zeitlichen oder finanziellen Aufwand der Tierhaltung. Andere seien «definitiv ungeeignet», sagt Heimleiterin Esmeier. So seien etwa viele Hunde im Berliner Heim sogenannte Systemsprenger, die wegen schwieriger Hintergründe besondere Ansprüche an den zukünftigen Besitzer hätten.

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«Es muss kein Tier gerettet werden»

Viele seien überzeugt, dass es den Tieren in den Heimen schlecht ergehe, sagt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund. Das verzerrte Bild, Tierheime müssten «froh sein können», wenn Interessenten einen Hund oder eine Katze aufnehmen, sei nicht richtig. «Aus einem deutschen Tierheim muss kein Tier „gerettet” werden,» sagt sie.

Dass Heime überfüllt sind, liege auch an den Interessenten. So seien «unproblematische», junge und dem Menschen zugewandte Tiere besonders beliebt, sagt Schmitz. In solchen Fällen könnten Heime die beste Lösung für das Tier wählen. Schwieriger sei es bei alten, kranken oder verhaltensauffälligen Tieren, die oft lange im Heimen blieben und Plätze blockierten. Für sie gebe es oft gar keine Interessenten.

Öl ins Feuer: Der Online-Handel

Klappt es nicht im Heim, besteht die Gefahr, dass Interessenten sich ein Tier über das Internet besorgen. Laut der Tierschutzorganisation Peta sei der Verkauf und Handel von Tieren über Online-Portale ein «riesengroßes Geschäft». «Monatlich finden sich allein auf den fünf größten Onlineplattformen 20.000 Welpen, die zum Kauf angeboten werden», sagt eine Fachreferentin von Peta.

Lea Schmitz vom Tierschutzbund sagt: «Menschen, die Tiere über Online-Kleinanzeigenportale kaufen, nutzen diese Möglichkeit meist deshalb, weil sie gewohnt sind, dort alles zu bekommen – und das unkompliziert und schnell.»

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Da es den Verkäufern in der Regel nur darum gehe, Profit zu machen, werde auch nicht geprüft, ob Mensch und Tier zueinanderpassen. Die Folge: Viele dieser Anschaffungen landeten am Ende in Heimen. «Genau deshalb, will man ein solches Vorgehen – sprich: unkompliziert und schnell – im Tierheim explizit nicht.» dpa/nak

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